Wien, 18. Februar 2015 - Beinahe stagnierende Preise bei Eigentumswohnungen, Mietpreisanstiege unter der Inflationsrate - der Immobilienmarkt zeigt sich in Summe unaufgeregt. Betrachtet man die Daten im Detail, lassen sich jedoch spannende Entwicklungen ablesen.
„Die vieldiskutierte Mietpreisentwicklung zeichnet das Bild des bösen Vermieters – unsere Daten zeigen aber etwas anderes. Unsere Analysen belegen, dass die Betriebskosten ein ebenso wichtiger Preistreiber sind und bei der Diskussion rund um das Thema leistbares Wohnen viel zu kurz kommen“, so Dr. Patrick Schenner, Geschäftsführer von ImmobilienScout24.
Im Zuge der österreichweiten Diskussion um leistbares Wohnen und die geplante Mietrechtsnovelle standen Vermieter aufgrund der eklatanten Mietpreisanstiege unter Beschuss. Bei genauerem Hinsehen und dem Vergleich von Betriebskosten- und Mietpreisentwicklung zeigt sich jedoch klar - die Betriebskosten (Wasser, Müllabfuhr, Hausverwaltung, etc.) sind stärker gewachsen als die Mieten. Sie stiegen von 2006 auf 2014 um satte 25 Prozent, die Nettomieten hingegen etwa im Bereich der Inflationsrate, um 17 Prozent (das gesamte Verbraucherpreisindex-Plus betrug in diesem Zeitraum im Jahresdurchschnitt betrachtet 18,3 Prozent). Etwa 70 Prozent einer Gesamtmiete entfallen im Schnitt auf die Mietkosten, etwa 30 Prozent auf Betriebskosten und Steuern, so die ImmoDEX Analyse von ImmobilienScout24.
Auch von 2013 auf 2014 stiegen die Angebotspreise von Mietwohnungen laut ImmoDEX nur geringfügig. Bei gebrauchten Mietwohnungen lag das Plus bei 0,5 Prozent, bei neuen Mietwohnungen bei 1,7 Prozent (ohne Betriebskosten). Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. In den Wiener Bezirken Floridsdorf, Hernals, Meidling und Penzing lagen die Mietpreisanstiege bei neuen Mietwohnungen bei 5 bis 6 Prozent. Beruhigt hingegen hat sich die Lage in Innsbruck, wo bei neuen Mietwohnungen ein Preis-Minus von rund 4 Prozent zu verzeichnen war.
Während sich die Preisentwicklung bei Kaufobjekten insgesamt und österreichweit relativ stabil zeigte, wies die Preiskurve für neuwertige Häuser (+4,4 Prozent) und Grundstücke (+5,0 Prozent) 2014 nach oben, und das in fast allen Bundesländern. Spitzenreiter war dabei der Westen Österreichs: Die Häuserpreise stiegen in Vorarlberg um 5 Prozent, die Grundstückspreise in Tirol um 8 Prozent. Die stärksten Anstiege bei Grundstücken gab es übrigens in der Steiermark mit +10 Prozent. Mit ein Grund für die Preisrallye: die klar gestiegene Nachfrage nach Grund und Boden und eigenem Dach.
Das Nachfrageplus bei Häusern lag im Vergleichszeitraum bei +5,8 Prozent, bei Grundstücken bei +4,3 Prozent. Der Trend ist durchaus längerfristig. Blickt man bis 2010 zurück, lag das Nachfrageplus bei Häusern bei 12 Prozent, bei Grundstücken gar bei 30 Prozent. Spitzenreiter war die Bundeshauptstadt – in Wien hat sich die Grundstücksnachfrage von 2010 auf 2014 verdoppelt. „Wir messen weiterhin einen starken Trend zum eigenen Dach – Häuser und Grundstücke werden verstärkt nachgefragt, dementsprechend steigen in diesen Segmenten die Preise auch weiterhin“, so Schenner. „Wer Haus oder Grundstück sucht, muss mehr Mobilität, also Pendeln, in Kauf nehmen. Verfügbarer Raum in den Speckgürteln ist begrenzt, also werden sich diese noch weiter von der Stadt entfernen.“
1971 standen laut Statistik Austria dem Durchschnittsösterreicher rund 23 Quadratmeter, 40 Jahre später bereits 41 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Die Immobilienpreisanstiege der letzten Jahre haben aber eine neue Bescheidenheit beim Raumbedarf eingeläutet. Wollte ein Wohnungskäufer 2010 im Bundesschnitt 2010 etwa auf 94 Quadratmetern logieren, gab er sich 2014 mit 89 Quadratmetern zufrieden. Wollten 43 Prozent der Käufer 2010 noch 4 Zimmer ihr Eigen nennen, waren es 2014 nur noch 38 Prozent. „Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Größenbedarf weiter einpendeln wird. Das wäre auch vom Energiebedarf her gesehen nachhaltiger“, so Schenner. Hoch im Kurs standen 2014 vergleichsweise Einzelraumwohnungen – der Nachfrageanstieg betrug im Vergleich zu 2010 knapp 7 Prozent. Gründe dafür - der Trend zur Vorsorgewohnung und der Anstieg der Singlehaushalte.
Keine Abstriche machten Käufer bei der Qualität, im Gegenteil. Sowohl bei Lage als auch bei Ausstattung sind die Ansprüche der Eigentümer gestiegen. Suchten 9 Prozent der Wohnungskäufer 2010 eine Wohnung mit Balkon und etwa 14 Prozent eine Terrasse, waren es 2014 rund 17 bzw. 23 Prozent. Die Nachfrage nach Dachgeschoßwohnungen stieg bundesweit in diesem Zeitraum um 6 Prozent. Bei der Lage gibt es ebenfalls klare Präferenzen. In Wien zeigt sich eine signifikant erhöhte Nachfrage nach Wohnungen innerhalb des Gürtels. In allen inneren Bezirken mit Ausnahme der Inneren Stadt lag das Nachfrageplus bei mehr als 4 Prozent – sowohl bei Miet- als auch bei Eigentumswohnungen. Patrick Schenner dazu: „Wir können nachweisen, dass Immobilienkäufer aufgrund der gestiegenen Preise bereit oder gezwungen sind, Abstriche bei der Größe ihrer Wohnung zu machen. Bei Lage und Qualität gehen Käufer dagegen keine Kompromisse ein.“
Für den aktuellen ImmoDEX wurden mehr als 250.000 Datensätze analysiert.
Zeitraum: 2. Halbjahr 2013 – 2. Halbjahr 2014 (Endpunkt: 31.12.2014)
Pressetexte und Grafiken finden Sie online unter http://www.immobilienscout24.at/unternehmen/presse.html
*) Über den ImmoDEX:
Der ImmoDEX ist ein Immobilienpreisindex für Österreich. Basis für die Bewertung der Entwicklungen auf dem heimischen Markt ist die systematische Erfassung und Auswertung aller Angebotsdaten auf www.immobilien.net für sämtliche Wohnimmobilienarten (Haus, Wohnung, Grundstücke; Miete und Kauf). Die Datengrundlage für den ImmoDEX umfasst über 250.000 Datensätze oder 5 Millionen Datenpunkte, ausschließlich von gewerblichen Immobilienmaklern. Da die Angebotsdaten sämtliche Objektmerkmale, wie Ausstattung, Baujahr, Anzahl der Zimmer oder die Fläche beinhalten, ist eine zuverlässigere und tiefergehende Analyse als z.B. mit Transaktionsdaten möglich.
Bei den angegebenen Daten handelt es sich Angebotsnettopreise exkl. USt., bei den Mieten wurde auf die erste Kommastelle, bei Eigentum auf Hunderter gerundet.