In Österreich gibt es mehr als 44.000 praktizierende Ärzte und jedes Jahr werden es mehr. Das gilt besonders für Allgemeinmediziner. Die Suche nach einer geeigneten Ordination bietet viele Möglichkeiten, es gibt freie Objekte in unterschiedlichen Lagen, Größen und Preisklassen. Je nach Spezialgebiet stellen Ärzte, Therapeuten und Psychologen unterschiedliche Anforderungen an die Immobilie. Die folgende Übersicht beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Suche nach einer Praxis.
1. Was zeichnet eine Praxis aus?
2. Welche Kriterien muss eine Ordination erfüllen?
3. Welche Vor- und Nachteile hat eine eigene Ordination?
4. Miete, Kauf oder Pacht: Was bietet sich an?
Unter einer Praxis oder Ordination werden jene Räume verstanden, in denen ein freiberuflich arbeitender Arzt praktiziert. Je nach Spezialgebiet sind Praxen unterschiedlich ausgestattet, in der Regel verfügen sie aber über einen Eingangsbereich mit Anmeldung, einen Warteraum, einen Sprechstundenraum, ein Büro und mindestens einen Behandlungsraum. Auf dem Land sind häufig Hausapotheken angeschlossen.
Daneben gibt es noch eine Sonderform der Arztpraxis, die Gemeinschaftspraxis. In einer Gemeinschaftspraxis teilen sich verschiedene Ärzte die Ordination mit gemeinsamem Eingangs- und Anmeldungsbereich sowie einem Patienten-WC für alle. Die Ärzte verfügen darüber hinaus über ihnen fix zugeteilte Praxisräume, zu denen die anderen Ärzte keinen Zutritt haben.
Allgemeine Kriterien
Spezielle Kriterien
Welche weiteren Kriterien bei der Suche nach einer Ordination zu berücksichtigen sind, hängt von der Spezialisierung des Arztes ab:
Vorteile | Nachteile |
+ Selbständigkeit |
- Arzt muss sich selbst versichern |
+ als Facharzt freie Zeiteinteilung möglich, daher gut mit dem Familienleben vereinbar |
- zumindest ein Hausarzt muss sich im Krankheitsfall um eine Vertretung kümmern |
+ sehr gute Karrierechancen am Land |
- mehr Organisation (Arbeitszeiten und Urlaub der Mitarbeiter, Reinigungspersonal, Bestellung von Arztbedarf) als bei einer Fixanstellung gefordert |
+ Arzt kann sich sein Personal selbst aussuchen
|
- Miete, Betriebskosten, Personal, Reinigung, Versicherung als monatliche finanzielle Belastung, die das Einkommen schmälert |
+ höheres Einkommen im Vergleich zu Spitalsärzten |
- Schwankungen bei den monatlichen Einkommen insbesondere bei Therapeuten und Psychologen möglich. Bei fehlendem Erfolg können die Einnahmen zu niedrig sein, um Betriebskosten und Miete zu zahlen. |
Eine Arztpraxis mieten
Für Jungärzte ist das Mieten einer Ordination die beste Option. Sie können testen, ob die Räume groß genug sind und der Grundriss funktional ist, ohne sich langfristig zu binden. Außerdem ist es eine gute Möglichkeit um herauszufinden, ob die Selbständigkeit das Richtige ist.
Auch erfahrene Ärzte können von einigen Vorteilen des Mietens profitieren. So haben sie keine beziehungsweise geringe Anschaffungskosten, keine Belastung durch einen Kredit und bleiben räumlich flexibel. Außerdem senkt der Mietzins die Steuerbelastung des Arztes dauerhaft. Im Falle einer Berufsaufgabe oder Pensionierung müssen sie sich nicht um die Weitervermittlung der Immobilie kümmern.
Ein Nachteil der Miete ist, dass sie eine dauerhafte Ausgabe bleibt und steigen kann. Wird jahrelang Miete gezahlt, kann diese insgesamt höher sein, als wenn das Objekt gekauft worden wäre. Ein Mietobjekt stellt außerdem keine finanzielle Sicherheit dar.
Eine Arztpraxis pachten
Röntgengeräte, Zahnarztstühle und -instrumente, Medizintechnik, EDV und weitere Praxis- sowie Laborausstattung sind teuer. Bei der Pacht fallen diese Kosten für die Praxisgründung weg, wodurch insbesondere Jungärzten der Einstieg in die Selbstständigkeit erleichtert wird. Die Kosten beschränken sich auf die tatsächliche Nutzungsdauer. Auch die Erhaltung, Instandhaltung und Wartung gehört zu den Pflichten des Verpächters, sofern es diesbezüglich keine anderen vertraglichen Vereinbarungen gibt.
Ein Pachtvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass ein bestehendes Unternehmen bereitgestellt wird. Für den neuen Pächter bedeutet das, dass er bei guter Arbeit den Kundenstamm übernehmen kann. Das ist vor allem für Physiotherapeuten, Psychologen und alle weiteren Spezialärzte interessant.
Ein Nachteil der Pacht ist, dass es sich häufig um Ordinationen mit veraltetem Inventar handelt, wenn der Vorgänger über viele Jahre hinweg Pächter war. Deshalb muss vor Unterzeichnung des Pachtvertrags mit dem Verpächter geklärt werden, ob dieser die Kosten für eine Erneuerung übernehmen oder der Pachtzins entsprechend gesenkt wird.
Da der Pachtvertrag frei gestaltet werden kann, kann er für den Pächter ungünstige Vereinbarungen, etwa in Bezug auf die Instandhaltungskosten, enthalten. Aufgrund des Umfangs und der Verbindlichkeit des Vertrags empfiehlt es sich, fachlichen Rat einzuholen.
Eine Arztpraxis kaufen
Für Ärzte, die sich langfristig niederlassen möchten, ist der Kauf die beste Variante. Eine eigene Ordination hat den Vorteil, dass sich die monatliche finanzielle Belastung spätestens nach Rückzahlung des Kredits auf die Betriebskosten reduziert. Als Eigentum stellt die Immobilie eine Sicherheit und Altersvorsorge dar. Bauliche Maßnahmen innerhalb der Räumlichkeiten kann der Besitzer nach eigenem Ermessen durchführen. Lediglich für Veränderungen, die Mitbesitzer des Hauses betreffen, bedarf es deren Zustimmung.
Nachteile des Kaufs sind fehlende räumliche Flexibilität und hohe Anschaffungskosten. Wird kein Nachfolger gefunden, kann es aufgrund des eingeschränkten Interessentenkreises schwierig werden, einen Käufer für die Immobilie zu finden.
Baurechtliche Vorschriften
Eine als Praxis gewidmete Immobilie muss über eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,50 Metern, Fenster in Ordination und Anmeldung, je ein WC für Patienten und Personal sowie einen Tresor für lagernde Medikamente verfügen. Werden Spezialgeräte, Labors oder spezielle Haustechnik benötigt, bedarf es einer entsprechenden Genehmigung. Daneben gibt es noch viele weitere baurechtliche Vorschriften. Zwischen den Bundesländern können sich diese unterscheiden.
Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz
Eine Arztordination stellt eine öffentliche Einrichtung dar und hat als solche barrierefrei zu sein. Sie muss zum Beispiel über behindertengerechte WCs, breite Türstöcke und Rampen im Falle von unebenen Böden oder Treppen verfügen.
Hygieneverordnung
Ärzte sind dazu verpflichtet, die Ordination in hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten und so zu arbeiten, dass die fachspezifischen Qualitätsstandards erfüllt werden. Der Arzt muss dokumentieren, ob die Mitarbeiter über allgemeine Hygieneerfordernisse informiert wurden, welche Abfälle entsorgt wurden, wer die Verantwortung für die Reinigung und die Aufbereitung von Instrumenten hat. Daneben gibt es noch Hygienevorschriften in Bezug auf bau- und einrichtungstechnische Voraussetzungen, Behandlungsräume, Ordinationspersonal, Patientenhygiene, Wundversorgung oder medizinische Gebrauchsgegenstände.
Arbeitsrecht
Für Mitarbeiter einer Praxis wie Assistenten, Sprechstundenhilfen, Apothekenpersonal und Reinigungskräfte gilt das österreichische Arbeitsrecht mit entsprechenden Bestimmungen zu Kündigung, Urlaub, Gehalt, Überstunden und Arbeitsschutz.
Berufshaftpflichtversicherung
Die Berufshaftpflichtversicherung ist in ganz Österreich für sämtliche niedergelassene Ärzte, Wohnsitzärzte und angestellte Ärzte mit freiberuflicher Nebentätigkeit verpflichtend. Die Mindestversicherungssumme je Schadensfall muss bei zwei Millionen Euro liegen, die jährliche Haftungshöchstgrenze muss mindestens das Dreifache davon betragen und die Versicherung ist während der gesamten Dauer der Berufspraxis aufrechtzuerhalten.
Arztbefugnis
Praktizierende Ärzte müssen eine Berechtigung zur Berufsausübung und einen Eintrag in die Ärzteliste vorweisen. Sie haben eine Aufzeichnungspflicht bezüglich der Patientenkommunikation sowie -behandlung und eine ärztliche Schweigepflicht.
Steuerpflicht
Niedergelassene, selbstständige Ärzte müssen als Einzelunternehmer Einkommensteuer und eventuell Umsatzsteuer zahlen.
Gruppenpraxis
Ärzte können sich zu einer OG oder GmbH zusammenschließen und eine gemeinsame Praxis eröffnen. Einen Arzt anzustellen ist verboten, er ist lediglich als Vertretung zulässig. Alle Mitglieder haben gemeinsam zu entscheiden, ob es sich um eine Gruppenpraxis mit Direktverrechnung mit den Krankenkassen, eine Wahlarztpraxis mit Kostenerstattung oder eine Praxis ohne Kostenerstattung handeln soll.
Apparategemeinschaft
Wenn sehr teure medizinisch-technische Geräte oder ein Labor benötigt werden, bietet sich eine Apparategemeinschaft an. Jeder Arzt verfügt über eine eigene Praxis, die Kosten für die Geräte werden geteilt.
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