Pro Jahr gibt es in Österreich im Durchschnitt 7.500 Neugründungen im Handel. Beim Großteil davon handelt es sich um die Branchen Direktvertrieb und allgemeiner Handel, gefolgt von Lebensmitteln, Mode und Freizeitartikeln. Die Umsätze im Einzelhandel steigen kontinuierlich und machen die Selbstständigkeit mit einem eigenen Laden oder Geschäftslokal attraktiv. Bei der Suche nach einer geeigneten Immobilie für den Einzelhandel helfen folgende Überlegungen:
1. Was zeichnet ein Geschäftslokal für den Einzelhandel aus?
2. Welche Kriterien muss ein Laden erfüllen?
3. Welche Vor- und Nachteile hat die Selbsständigkeit mit einem Geschäftslokal?
4. Was ist bei der Entscheidung zwischen Miete, Kauf und Pacht zu bedenken?
Eine typische Einzelhandelsimmobilie gibt es nicht, da Größe und Ausstattung von den Waren, die verkauft werden, abhängen. Im Allgemeinen werden unter Geschäftslokalen kleinere Läden verstanden, in denen spezielle Produkte wie Mode, Kurzwaren oder Technik angeboten werden. Auch bei großen Filialmärkten, Verbrauchermärkten und Lebensmittelgeschäften handelt es sich um Einzelhandelsbetriebe.
Ein Kennzeichen von Geschäftslokalen ist, dass ihre Waren an den Endverbraucher verkauft werden. Es gibt keine Großkunden, wodurch keine sehr großen Lager benötigt werden. Kundentoiletten sind in der Regel nicht vorhanden.
Je nach Flächenintensität gibt es unterschiedliche Gestaltungsvarianten:
Welche Kriterien ein Einzelhandel erfüllen muss, hängt davon ab, welche Waren verkauft werden sollen.
Größe
Boutiquen und Spezialgeschäfte wie Läden für Anglerbedarf sind tendenziell klein, mit Verkaufsflächen unter 100 Quadratmetern. Am kleinsten sind Geschäfte mit Bedienung.
Lebensmittel- und Fachmärkte sind deutlich größer, sofern sie sich nicht auf ein besonders Angebot, wie zum Beispiel bei Asia- oder Biomärkten, spezialisiert haben. Sie benötigen große Lagerräume und viele Parkplätze.
Ausstattung
Zur Grundausstattung von Geschäften gehören:
Bei kleinen Geschäften mit niedriger Kundenfrequenz kann der Eingang zugleich der Ausgang sein. Eine Kassenstation ist meist vollkommen ausreichend. Große Schaufenster helfen dabei, Kunden in den Laden zu ziehen. Große Einzelhandels-Immobilien profitieren von getrennten Ein- und Ausgängen, hohen Decken und mehreren Kassen im Ausgangsbereich.
Unabhängig von der Größe müssen Läden die geltenden sicherheits- und brandschutztechnischen Vorschriften erfüllen und zum Beispiel über Brandmeldeanlagen und Löschvorrichtungen verfügen. Eine Alarmsicherung ist nicht rechtlich verpflichtend, doch in Geschäften mit direktem Straßenzugang sehr zu empfehlen.
Lage
Eine zentrale Lage im Zentrum einer Stadt ist für Boutiquen, Buchgeschäfte, Parfümerien und Zeitschriftenhändler ideal. Die erste Reihe in Fußgängerzonen oder ein Laden auf dem Erdgeschoss in Kaufhäusern sind die höheren Mieten, Pachtkosten und Kaufpreise wert, da mehr Laufkundschaft erreicht wird.
In jenen Städten Österreichs mit Fußgängerzonen und Einbahnstraßen haben große Lebensmittelmärkte keinen idealen Standpunkt, da es keine Parkplätze gibt und die Kunden die Waren weit tragen müssen. Für Spezialitätengeschäfte eignet sich die Innenstadt hingegen gut.
Wer Produkte des täglichen Bedarfs verkauft, sucht am besten einen Einzelhandel in Wohngebieten. Die Transportwege sind für die Kunden nicht weit und der Händler profitiert von einem großen Einzugsgebiet.
Spezialgeschäfte, wie Tierhandlungen oder Schuster, können Läden in Nebenlagen oder außerhalb der Zentren mieten, kaufen oder pachten, ohne mit Umsatzbußen rechnen zu müssen. Sie werden ohnehin von Kunden gezielt angesteuert und sind weniger auf eine hohe Passantenfrequenz angewiesen.
Vorteile | Nachteile |
+ Selbständigkeit erhöht die Arbeitsmotivation |
- Mehr Arbeit, da außerhalb der Öffnungszeiten noch organisatorische Aufgaben anfallen |
+ Eigenverantwortung steigert das Selbstvertrauen |
- Es sind Kompetenzen in vielen Bereichen (Verkauf, Buchhaltung, Personalführung, Wareneinkauf) gleichzeitig gefordert, was den Einzelhändler überfordern kann. |
+ Der Händler kann entscheiden, welche Produkte er verkauft, welches Sortiment er auswählt und wie er den Laden gestaltet |
- Hohes Risiko: bei Fehlentscheidungen bezüglich der Auswahl von Waren bleiben sie dem Händler übrig oder er muss sie zu günstigeren Preisen verkaufen |
+ Höhere Einnahmen als bei Anstellung |
- Händler hat hohe Ausgaben für Miete oder Pacht, Betriebskosten, Personal und Wareneinkauf |
+ Öffnungszeiten können nach eigenem Ermessen gestaltet werden, so sind zum Beispiel auch Mittagspausen möglich |
- Samstage sind typische Einkaufstage, deshalb sollte dann geöffnet sein |
+ Betreiber kann sich sein Personal selbst aussuchen |
- In bestimmten Branchen herrscht Personalmangel, Personal kann jederzeit kündigen |
Einen Laden in Österreich mieten
Wer ein kleines Geschäftslokal sucht, hat die beste Auswahl, wenn er sich für ein Mietobjekt entscheidet. Viele der Läden befinden sich in sehr guten Lagen mit hoher Kundenfrequenz, wie etwa in Innenstädten oder Einkaufszentren. Dadurch, dass nur die Räume vermietet werden, kann sie der Händler nach eigenem Bedarf einrichten, sofern keine dauerhaften baulichen Veränderungen vorgenommen werden. Bezüglich des Standorts bleibt er flexibel. Verliert dieser an Attraktivität oder wird eine größere Geschäftsfläche benötigt, ist ein Umzug problemlos möglich. Mit Ende des Mietvertrags enden auch die Kosten für die Miete, der Händler muss sich nicht um eine Nachfolge kümmern.
Ein Nachteil der Miete ist, dass sie eine dauerhafte finanzielle Belastung ist und steigen kann. Dadurch, dass der Mieter keine Sicherheiten in Form einer Immobilie vorweisen kann, muss er – sofern auch kein Eigenkapital vorhanden ist – für die Anfangsfinanzierung von Einrichtung, Elektronik und das Auffüllen des Warenlagers einen Kredit mit hohen Zinsen aufnehmen. Dieser muss gemeinsam mit der Miete monatlich zurückgezahlt werden.
Eine Immobilie für den Einzelhandel pachten
Bei einem Pachtvertrag muss der Verpächter neben den Räumen die Geschäftseinrichtung und sonstiges Inventar sowie das Warenlager zur Verfügung stellen. Für den Pächter bedeutet dies, dass er die Anfangskosten auf ein Minimum reduzieren kann. Das ist vor allem für Start-Ups und Jungunternehmer ohne Eigenkapital interessant. Der Pachtvertrag kann relativ frei gestaltet werden, eine Befristung schützt den Pächter vor einer vorzeitigen Kündigung und die Kündigungsfrist von sechs Monaten lässt genug Zeit, um die Betriebsaufgabe oder einen Umzug zu regeln.
Die Befristung kann gleichzeitig ein Nachteil sein, da der Verpächter nicht dazu verpflichtet ist, den Vertrag zu verlängern. Außerdem kann das Beibehalten der Unternehmensidentität zu einer Voraussetzung für die Überlassung eines laufenden Betriebs gemacht werden. Der Pächter hat somit wenig Spielraum in Bezug auf Gestaltung und Warenangebot. Außerdem ist das Pachten teurer als Mieten oder der Pächter verlangt einen umsatzorientierten Pachtzins. Das bedeutet, dass der Pächter einen prozentualen Anteil seines Umsatzes abgeben muss und damit sein Gewinn geschmälert wird.
Einen Laden in Österreich kaufen
Ladenbesitzer haben die größten Freiheiten bezüglich Gestaltung und Um- oder Ausbau ihres Geschäfts. Sofern das Geschäft nicht mittels Kredit finanziert wird, beschränken sich die monatlichen Kosten auf Einkauf, Personal und Betriebskosten. Selbst mit Kredit sind die Raten meist nur geringfügig höher als die Miete für ein vergleichbares Objekt. Der Besitz gilt für Banken als Sicherheit, weshalb gute Aussichten auf faire Kredite, etwa für die Befüllung des Lagers, bestehen. Ein Eigentümer braucht sich keine Sorgen darum machen, dass ihm gekündigt werden kann. Vor allem für Einzelhändler, die ein Familienunternehmen aufbauen wollen, ist der Kauf die beste Option.
Die hohen Anfangskosten sind für viele, die im Einzelhandel Fuß fassen wollen, eine unüberwindbare Hürde. Das Eigentum schränkt die Flexibilität des Händlers in Bezug auf einen Standortwechsel ein und kann an Wert verlieren. Nach Betriebsaufgabe kann es lange dauern, bis ein Käufer gefunden wird, da es nur einen eingeschränkten Interessentenkreis gibt.
Widmungsplan und Bauordnung
Wer ein Geschäftslokal sucht, muss prüfen, ob die gefundene Immobilie eine entsprechende Widmung als Gewerbefläche hat und der geplante Einzelhandel darin betrieben werden darf. Sind bauliche Maßnahmen erforderlich, gibt die regional geltende Bauordnung darüber Auskunft, was möglich ist.
Brandschutz
Ladenlokale, die lange Zeit leer gestanden sind, entsprechen meist nicht mehr den aktuellen Brandschutzbestimmungen. Zu den gesetzlichen Mindestanforderungen zählt das Vorhandensein von Löschhilfen und Notausgängen.
Behindertengleichstellungsgesetz
Öffentliche Gebäude müssen in Österreich barrierefrei nutzbar sein. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie über breite Türstöcke, Rampen und ausreichend große Wendeflächen verfügen müssen.
Arbeitnehmerschutz
Arbeitgeber müssen die Sicherheit und einen Gesundheitsschutz ihrer Arbeitnehmer garantieren. So sind sie zum Beispiel verpflichtet, die Arbeitnehmer über das richtige Verhalten im Brandfall zu informieren und einen Erste-Hilfe-Kasten bereitzustellen. Der Ladenbetreiber ist dafür verantwortlich, dass die Arbeitsstätten sauber und in gutem Zustand sind. Auch müssen möglichst ausreichend Tageslicht sowie ein gesundheitlich zuträgliches Raumklima gegeben sein. Sanitäre Einrichtungen, ein Schließfach pro Angestelltem, ein Aufenthaltsraum und das Bereitstellen von Trinkwasser sind Pflicht.
Gewerbeordnung
Handelsbetriebe müssen als freies Gewerbe angemeldet werden und eine Gewerbeberechtigung besitzen. Der Händler braucht keinen Befähigungsnachweis, außer er verkauft bestimmte Drogeriewaren, Waffen, Pyrotechnik, Medizinprodukte oder Pharmazeutika. Dann fällt der Einzelhandel unter das reglementierte Gewerbe.
Einzelhandelsbetriebe, die eine Betriebsfläche von mehr als 200 Quadratmetern haben, benötigen eine Genehmigung als gewerbliche Betriebsanlage. Kleinere Betriebe sind nur dann nicht genehmigungspflichtig, wenn ihre Betriebszeiten von Montag bis Freitag zwischen 6 und 22 Uhr und am Samstag zwischen 6 und 19 Uhr liegen. Für Lieferzeiten gelten andere Bestimmungen.
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