So wird das Wertermittlungsverfahren bei Mietobjekten durchgeführt

Das Ertragswertverfahren ist eines der drei Wertermittlungsverfahren in Österreich. Wie dabei vorgegangen wird, erfährst du hier.

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Wofür wird der Ertragswert benötigt?

Der Ertragswert ist eine Bemessungsgrundlage für Finanzämter, Behörden und Finanzierungsinstitute. Er wird im Rahmen des Ertragswertverfahrens ermittelt.
Im Immobilienbereich wird dieses Verfahren in der Regel bei Renditeobjekten wie Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken oder gemischt genutzten Grundstücken angewandt. Bei bewirtschafteten Objekten und sonstigen Renditeobjekten stellt der Ertragswert die Grundlage für die Ermittlung des Beleihungswertes als Kreditsicherheit dar. Auch für die Berechnung der Schenkungs- und Erbschaftssteuer wird er verwendet.

Am häufigsten wird das Wertermittlungsverfahren bei folgenden Immobilien durchgeführt:

  • Für die Wertermittlung von Objekten, die Mieterträge erzielen, wie Mehrfamilienhäuser, Wohn- und Geschäftshäuser oder Gewerbeimmobilien 
  • Für Eigentumswohnungen, welche für die Vermietung geeignet sind

Welche Werte werden beim Ertragswertverfahren berücksichtigt?

Der Ertragswert errechnet sich aus zwei grundlegenden Werten: dem Bodenwert des Grundstücks beziehungsweise dem Substanzwert und dem Wert, der sich aus den potenziellen Einnahmen (Miete oder Pacht) ergibt. Soll eine Ertrag bringende Immobilie veräußert werden, ist es von Relevanz zu wissen, welcher Reinertrag jährlich zu erwarten ist. Mittels des Ertragswertverfahrens ist es möglich, eine Prognose über zukünftige Erträge zu stellen.

Daneben haben noch folgende Werte Einfluss auf die Immobilienbewertung:

  • Der Liegenschaftszinssatz: Es handelt sich hierbei um den Zinssatz, mit dem der Grund als wertbeständiger Bestandteil einer Liegenschaft verzinst wird.
  • Die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten: Nachdem der Betrieb eines Mietobjekts für den Vermieter immer auch mit Ausgaben verbunden ist, müssen diese bei der Berechnung selbstverständlich berücksichtigt werden. Insbesondere bei sanierungsbedürftigen Immobilien kann es durchaus sein, dass sich die Investition gemessen am Ertragswert nicht lohnt, beziehungsweise dass in den ersten Jahren der Übernahme mit Verlusten gerechnet werden muss.

Wie wird der Ertragswert genau berechnet?

Das Ertragswertverfahren ist eine komplexe Rechenaufgabe, innerhalb derer man zwei Verfahren unterscheidet: das vereinfachte und das vollwertige Ertragswertverfahren. Beim vereinfachten Ertragswertverfahren werden der Bodenwert und somit auch die sich daraus ableitende Bodenwertverzinsung außenvorgelassen, weswegen lediglich die baulichen Anlagen in der Wertermittlung zum Tragen kommen. Im Gegensatz dazu wird beim vollständigen Ertragswertverfahren der Wert von Grund und Boden mit einbezogen, was dann allerdings auch ein Vergleichswertverfahren notwendig macht. Im Anschluss daran wird der Mietwert errechnet, der sich primär aus der Objektgröße, Ausstattungsqualität und Lage zusammensetzt. Von diesem sogenannten Rohertrag müssen jedoch die nicht umlegbaren Anteile der Bewirtschaftungskosten abgezogen werden.

Darüber hinaus wird noch der Liegenschaftszins in die weiterführenden Berechnungen miteingeschlossen. Die Höhe des Liegenschaftszinssatzes richtet sich nach der Grundstückslage und wird entsprechend der Art der Nutzung des Objektes berechnet. Multipliziert man Bodenwert und Liegenschaftszins ergibt sich die Bodenwertverzinsung, welche vom Erlös der Immobilien zu subtrahieren ist, da die Bewertung von Grund und Boden sowie auch Bauobjekten stets unabhängig voneinander vorgenommen wird.

Aus dem Wert, der für Grund und Boden ermittelt wurde, und dem Wert, der die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude benennt, errechnet sich dann der Ertragswert. Vereinfacht kann die Berechnung des Ertragswerts mit folgender Formel dargestellt werden:

Bodenwert (entspricht Wert eines unbebauten Grundstücks) + Gebäudeertragswert des Mietobjekts + Gebäudewert= Ertragswert bzw. Verkehrswert

Das Ertragswertverfahren in einer Beispielrechnung

Für das Ertragswertverfahren wird eine Formel verwendet, die wir im Folgenden detailliert für dich veranschaulichen. So kannst du das Ertragswertverfahren an diesem Beispiel nachvollziehen:

Wohnfläche des Objekts 456 m²
Preis pro Quadratmeter 6€
Rohertrag* 32.832€
- Bewirtschaftungskosten 7.996€
= Reinertrag (Grundstück) 24.836€
- Verzinsung des Bodenwerts** 3.830€
= Gebäudereinertrag 21.006€
x Vervielfältiger*** 18,26
=Gebäudeertragswert 383.566€
+ Bodenwert*** 76.608€
=vorläufiger Ertragswert 460.174€
- wertbeeinflussende Umstände 28.000€
= letztendlicher Ertragswert 432.174€

* jährlicher Rohertrag = Wohnfläche (m²) x Quadratmeterpreis (€) x 12 Monate

** Verzinsung des Bodenwerts = Bodenwert x Liegenschaftszins (hier: 5 Prozent)

*** Bodenwert = Bodenrichtwert (€) x Grundstücksgröße (m2)

**** Vervielfältiger: Der Vervielfältiger ist der zentrale Wert, mit dem der Ertragswert eines Mietobjekts ohne Bodenwert berechnet werden kann. Er wird aus dem Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer des Objekts berechnet.

Formel: V = (qn-1) / (qn x i)

V = Vervielfältiger

= i+1

= Restnutzungsdauer

= Liegenschaftszinssatz

Generell gilt: Je höher der Wert der Restnutzungsdauer, desto größer der errechnete Vervielfältiger. Bei einer Restnutzungsdauer von 50 Jahren und dem Liegenschaftszins von fünf Prozent liegt der Wert des Vervielfältigers beispielsweise bei 18,26.

Unterschied zum Vergleichswertverfahren und zum Sachwertverfahren

Beim Vergleichswertverfahren werden Immobilien mit ähnlichen Liegenschaften verglichen, die kürzlich veräußert wurden. Beim Wertvergleich werden noch diverse Zu- und Abschläge, zum Beispiel für eine besonders schöne Lage, das Vorhandensein eines Balkons oder eine inkludierte Ausstattung berücksichtigt.

Beim Sachwertverfahren wird neben dem Bodenwert ermittelt, wie viel ein mit der bestehenden Immobilie vergleichbarer Neubau kosten würde. Je nach Alter der Immobilie wird ein gewisser Wertverlust pro Jahr berücksichtigt. Insgesamt ergibt sich daraus der Sachwert. Das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren werden insbesondere bei privaten Immobilien beziehungsweise Einfamilienhäusern angewendet.

Beispiel für die Ermittlung des Bodenwerts

Wer vor zehn Jahren ein Grundstück gekauft hat, kann mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass der Bodenwert gestiegen ist. Doch wie viel ist die Liegenschaft nun tatsächlich wert? Eigentümer können sich bei der Ermittlung helfen, indem sie ihr Grundstück mit ähnlich großen Grundstücken vergleichen. Durch Immobilienplattformen ist es nicht schwer, einen durchschnittlichen Richtwert für die betroffene Gegend zu ermitteln. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass manche Faktoren zu einer Wertminderung führen können, wie etwa die Lage an einer stark befahrenen Straße oder eine im Grundbuch eingetragene Hypothek.Beim Sachwertverfahren wird neben dem Bodenwert ermittelt, wie viel ein mit der bestehenden Immobilie vergleichbarer Neubau kosten würde. Je nach Alter der Immobilie wird ein gewisser Wertverlust pro Jahr berücksichtigt. Insgesamt ergibt sich daraus der Sachwert. Das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren werden insbesondere bei privaten Immobilien beziehungsweise Einfamilienhäusern angewendet.

Wann wird die Formel für das Ertragswertverfahren angewandt?

  • Für die Wertermittlung von Objekten, die Mieterträge erzielen, wie Mehrfamilienhäuser, Wohn- und Geschäftshäuser oder Gewerbeimmobilien 
  • Für Eigentumswohnungen, welche für die Vermietung geeignet sind
  • Für Grundstücke mit Mischnutzung.
Vorteil Nachteil
Das Ertragswertverfahren ist vor allem für Anlageobjekte geeignet, bei denen die Mieteinnahmen eine bedeutende Rolle spielen. Die unpassende Auswahl des Liegenschaftszinses kann zur Ergebnisverfälschung führen.

So hilft ein vereinfachtes Ertragswertverfahren bei der Wertschätzung

Eine Berechnung des Ertragswertverfahrens ist für Eigentümer ohne entsprechende Vorkenntnisse nur schwer möglich. Für einen ersten groben Überblick gibt es aber zwei weitere, einfachere Bewertungsmethoden.

Eine davon ist, die Immobilie anhand des aktuellen Bauindexes zu bewerten. Der Bauindex kann bei der Statistik Austria abgerufen werden. Er zeigt an, wie sich die Baukosten in den letzten Jahren in den verschiedenen Bundesländern entwickelt haben und lässt Rückschlüsse darauf ziehen, wie der aktuelle Wert einer Immobilie einzuschätzen ist und wie er sich in Zukunft weiter entwickeln wird. Wer nur den Wert der Immobilie ohne Grundstück ermitteln möchte, muss bei diesem Wertermittlungsverfahren ungefähr ein Drittel vom errechneten Wert abziehen. Auch für das Alter der Immobilie ist ein Abschlag vorzunehmen. Bis zu 20 Jahre werden zwölf Prozent empfohlen, für alle weiteren acht Jahre 6,4 Prozent.

Wie sieht das Verfahren bei einer Unternehmensbewertung aus?

Um den Gebäudeertragswert eines Unternehmens zu berechnen, gibt es in Österreich das Fachgutachten KFS BW 1, das von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder herausgegeben wird. Zum Ermitteln wird hier die Rendite einer Alternativanlage zum Bewertungsstichtag herangezogen. Anhand eines Basiszinssatzes wird die Verzinsung der Alternativanlage ermittelt. Hinzu kommen ein Risikozuschlag und ein Wachstumsabschlag. Auch etwaige Ertragssteuern, die Laufzeiten und mögliche Risiken sind zu berücksichtigen.

Das Verfahren mit einem Rechner erleichtern

All diese Berechnungen sind für Privatpersonen mit nur einer oder zwei Mietwohnungen zu aufwändig. Für die Wertermittlung einer Eigentumswohnung beispielsweise genügt ein einfacher Online-Rechner oder das Vergleichswertverfahren, um festzustellen, ob die Rendite gut oder die Miete zu niedrig ist. Der aktuelle Ertrag allein ist für eine Werteinschätzung jedenfalls nicht ausreichend.

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